Saturday, July 27, 2024

10. Todestag

Liebe Freunde und Familie,

heute vor 10 Jahren ist mein Papa so plötzlich und tragisch bei dem schlimmen Unfall ums Leben gekommen. Es vergeht kein Tag, wo ich nicht an ihn denke und mir wünschte, ich könnte ihm etwas zeigen oder erzählen. Es gibt so vieles, was ich ihm gerne mitgeteilt oder gezeigt hätte: meinen Masterabschluss 2017, unser eigenes Haus mit wachsendem Garten 2018, unseren kleinen Sohn Max 2019 und alle seine kleinen und großen Fortschritte der letzten viereinhalb Jahre, mein Kunstprojekt mit dem britischen Museum 2021 und der Winnipeg Art Gallery 2022, weitere Ausstellungen und kleinere Projekte, und diesen Sommer ein Familienbesuch von Mama und Judith mit Familie. 

Ich möchte euch zum 10. Todestag endlich einen Bericht zu dem Michael-Rudolph-Fond schicken. Eigentlich hatte ich vor, jedes Jahr einen Bericht zu schreiben, aber irgendwie habe ich mich all die Jahre davor gedrückt und ich wollte nicht, dass es mir eine Last wird. Vieles von unserer Stiftungsidee ist nicht so ganz nach Plan gelaufen: es stellte sich heraus, dass es ungeheuer kompliziert ist, in Paraguay eine Stiftung zu gründen. Außerdem sah Mama sich verständlicherweise nicht gewachsen, alle viertel Jahr eine offizielle Abrechnung einzureichen und wegen möglicher Geldwäsche unter die Lupe genommen zu werden. Also haben wir beschlossen, den Michael-Rudolph-Fond privat in der Familie zu verwalten und die Zinsen von dem Sparkonto jährlich privat zu spenden. Anfänglich war unsere Idee, das Schulgeld für mehrere indigene Zentralschüler zu bezahlen, da Papa selber immer wieder Schüler unterstütz hatte. Dieses war über den Kontakt mit Verena Regehr möglich. Das Schulgeld wurde jedoch kurz darauf von einer größeren Stiftung übernommen. Daraufhin haben wir über mehrere Jahre indigene Lehrerseminarstudenten auf Yalve Sanga unterstützt, bis diese Kosten auch von der größeren Stiftung übernommen wurden. Danach fehlte Unterstützung für das Gehalt eines lokalen indigenen Lehrers an einer neuen Schule, in der die 7.-8. Klasse eingeführt wurden, damit die Kinder länger bei ihren Familien zu Hause leben konnten bevor sie ins Internat zur Weiterbildung mussten. Nach zwei Jahren hat das paraguayische Erziehungsministerium endlich die Bezahlung des Lehrers übernommen. Ein Jahr lang haben wir eine monatliche finanzielle Unterstützung an einen Ayoreostudenten in Asunción geschickt, der Jura studierte, der aber leider sein Studium letztendlich abgebrochen hat. Indigene Studenten stoßen auf unglaublich viele Barrieren (inadequate Primar- und Zentralschulbildung, ungenügend Spanischsprachkentnisse, die unzureichend für die Unis sind, Kulturschock und hohe Lebensunterhaltskosten in der Stadt, kein soziales Netzwerk in der Stadt oder ein indigenes Studentenheim, das unterstützen könnte, etc). Da wir nicht so richtig in einem Förderungsprojekt angekommen sind und uns auch das parguayische Schulsystem für indigene Kinder in vieler Hinsicht problematisch erscheint (wie z.B. der Beitrag zu kulturellem Verlust, Assimilation, Kolonisationsgeschichte, Verlust von eigener Kultur und Sprache), haben wir uns die letzten zwei Jahre entschieden, die Arbeit von Linguist Hannes Kalisch finanziell zu unterstützen, da er echte Dekolonisationsarbeit gemacht hat mit seiner Arbeit zur Erhaltung der Enlhet- und Guanásprachen, und den Publikationen der Berichte der alten Enlhet, die auch meine eigene Arbeit in den letzten Jahren stark beeinflusst haben. Wir hatten das Gefühl, mit unserer Unterstützung endlich angekommen zu sein. Wir waren erschüttert, als Hannes letztes Jahr nach relativ kurzem Leiden unerwartet an Krebs starb. Es schmerzt, dass er auch nicht mehr da ist und seine wertvolle Arbeit weitermachen kann.

Wir haben uns entschlossen, die Zinsen von diesem Jahr und dem nächsten Jahr des Michael-Rudolph-Fonds den indigenen Künstlern aus dem Chaco zugute kommen zu lassen. Wir planen eine gemeinsame Ausstellung im April 2025 in Asunción im Museo del Barro und der Fundación Migliorisi, an der alle Teilnehmer, die 2021 beim Projekt mit dem Britischen Museum dabei waren - also ich, Lanto'oy' Unruh und die Mitglieder des indigenen Künstlerkollektivs Artes Vivas - teilnehmen werden. Unser Geld wird für die Anreise, Unterkunft und Verpflegung der indigenen Künstler aus dem Chaco verwendet werden während des Ausstellungsaufbaus und der Eröffnungsfeier.

Wie es danach mit dem Michael-Rudolph-Fond weitergeht, müssen wir erst mal sehen. Fehlen tut es im ganzen Land an allen Ecken und Kanten, aber einerseits ist unsere Summe von jährlich ca. 6.000.000 Guaranies (€730) Zinsen doch eher bescheiden und zweitens soll es auch im Sinne von Papas Leben und Sein gebraucht werden. Falls ihr Ideen habt, dürft ihr sie gerne mit uns teilen!

Wir fühlen uns euch nach all diesen Jahren immer noch eng verbunden und danken euch für euren Beitrag zu dem Michael-Rudolph-Fond, der, wenn auch nur im Kleinen, Papas Werk ein klein wenig weiterleben lässt.

Mit freundlichen Grüßen,

Miriam Rudolph (und Maria Rudolph)

Saturday, January 30, 2021

Update

So viele Jahre habe ich mich nicht gemeldet. Eigentlich hatte ich vor, hier jedes Jahr ein Update zu posten, aber ich habe es erst wegen meinem Masterstudium, dann unserem Umzug und Einzug in Haus und Studio, dann wegen Schwangerschaft und Baby verschoben. Vielleicht sind das alles auch nur Ausreden, weil das Erinnern an Papa immer noch so weh tut, obwohl die Michael-Rudolph-Stiftung doch zu einem Weiterleben von Papas Engagement beitragen soll. 

Wir haben uns letztendlich entschieden, die Stiftung nicht zu legalisieren, da es sich in Paraguay tatsächlich als ungeheuer kompliziert herausgestellt hat. Maria und ich verwalten die Spendengelder weiter privat. Jedes Jahr bucht Maria die Zinsen, die der Kapitalstock getragen hat, als Stipendienfond ab (ca. Gs.5.000.000). Es gab eine weitere Hürde für uns, die eigentlich keine Hürde, sondern im Gegenteil eine gute Sache ist: im gleichen Jahr, in dem wir anfangen wollten indigene Schüler mit einem Michael-Rudolph-Stipendium zu unterstützen, hat Dr. Alfred Hecht in Kanada eine Stiftung gegründet, die indigenen Schülern im Chaco das Schulgeld bezahlt. Mehr dazu unter diesem Link. Auch er hängt von der Zusammenarbeit mit Verena Regehr ab, die die Kontakte zu den Familien und Schülern hat. Da die Gelder von Dr. Hecht ausreichen, um die Nachfrage von Schülerunterstützungen zu decken, seine Stiftung aber ganz speziell Schüler aus der Zentralschule unterstützt, sind unsere Stipendien über die Jahre etwas flexibler verwendet worden. Hier ein Überblick der letzten Jahre.

2015: Drei Michael-Rudolph-Stipendien werden an Sekundarschüler in Yalve Sanga vergeben. (Im folgenden Jahr werden alle Sekundarschüler von der Stiftung Dr. Hechts unterstützt).

2016: Drei Michael-Rudolph-Stipendien werden an Studenten des Lehrerseminars in Yalve Sanga vergeben. (Im folgenden Jahr werden Lehrerseminarstudenten auch von der Stiftung Dr. Hechts unterstützt und diese Option fällt für uns weg). 

2017: Wir erklären uns bereit, einen Teil des Lehrergehaltes an den Lehrer einer neuen Schule in Palo Blanco zu zahlen (Maria hat privat noch was draufgelegt). Die neue Schule ermöglicht den Schülern, auch die 7. und 8. zu Klasse in ihrem Dorf zu besuchen. So können sie länger bei ihren Eltern wohnen, anstatt nach der 6. Klasse schon ins Internat zu müssen. Die Schule muss erst vom Erziehungsministerium anerkannt werden, bevor der Lehrer vom Staat bezahlt wird. 

2018: Wir zahlen weiter einen Teil des Lehrergehaltes in Palo Blanco, damit die 7. und 8. Klasse weiter laufen können (Maria hat privat noch was draufgelegt). Das Erziehungsministerium hat sich noch nicht gerührt. 

2019: Das Erziehungsministerium hat endlich die Zahlung des Lehrergehaltes in Palo Blanco übernommen. Wir sind gebeten worden, einen Studenten der Ayoreogemeinschaft bei seinem Jurastudium zu unterstützen. Das Studium ist an der Universidad Nacional zwar im Prinzip umsonst, aber er muss seine Bücher bezahlen und braucht Unterstützung zum Lebensunterhalt. Er wohnt mit Frau und Kind in Asunción und arbeitet teilzeitig neben dem Studium. Wir zahlen Gs.1.000.000 monatlich für zehn Monate als Haushaltszuschuss (Maria hat privat noch was draufgelegt).

2020: Auch in diesem Jahr unterstützen wir den Jurastudenten wieder mit Gs.1.000.000 monatlich für zehn Monate als Haushaltszuschuss (Maria hat privat noch was draufgelegt). 

Wir sind froh und dankbar, dass wir angesichts viel Not ein kleines bisschen helfen können und hoffentlich auch Projekte unterstützt haben, die in Papas Sinne gewesen wären. Wir sind etwas enttäuscht, dass wir bisher kein festes Stipendienprogramm haben aufbauen können. Andererseits habe ich aber auch immer wieder Vorbehalte, was das Lernen und die Unterrichtsqualität an indigenen Schulen betrifft, wer entscheidet, welcher Unterrichtsinhalt vermittelt wird, und wie lebensnah sind die Lerninhalte für die Schüler? Missionschulen haben ja auch schon viel Schaden angerichtet. 

Sunday, September 14, 2014

Der Anfang

Liebe Freunde,

vor Kurzem bin ich aus Paraguay zurückgekehrt und schreibe Euch nun aus Edmonton, meinem neuen Zuhause. Nie hätte ich gedacht, dass ich jemals unter so traurigen Umständen in die Heimat meiner Kindheit würde reisen müssen. Am 27. Juli ist mein Vater, Michael Rudolph, bei einem Unfall ums Leben gekommen. Er machte seine morgendliche Fahrradfahrt, als er, trotz vorbildlicher Sicherheitsvorkehrungen, durch einen betrunkenen Fahrer, der ihn mit hoher Geschwindigkeit erfasste, tödlich verunglückte. Papa war erst 62 Jahre alt. Er hatte noch so viele Pläne und es gab so viele Dinge, die er noch tun wollte.
Papa wurde in Deutschland geboren, aber er hat die letzten 33 Jahre in Paraguay gelebt und dort die längste Zeit als engagierter Lehrer und Erzieher gearbeitet. Außer seiner Arbeit als Lehrer an verschiedenen Sekundarschulen und am Institut für Lehrerbildung liebte er das Schultheater. Er hat zudem die Schulbibliothek stark erweitert und mit großem Einsatz Junglehrer betreut. Er liebte es zu reisen und zu wandern, er sang im Kirchenchor und er spielte im Gemeinschaftsorchester Oboe. Vor allem aber war er der beste Papa der Welt. Er war ein kluger, gebildeter, neugieriger, geduldiger und großzügiger Mensch. Vor drei Jahren hat er seine Laufbahn als Lehrer beendet und hat angefangen, bei einer Nichtregierungsorganisation (Pro Comunidades Indígenas) zu arbeiten, in der er schon 15 Jahre ehrenamtlich mitgewirkt hatte. Das Ziel von PCI ist die Stärkung indigener Gemeinschaften. Diese werden hierfür unter anderem über ihre Rechte unterrichtet, sie erhalten Unterstützung, um diese Rechte durchzusetzen und erlangen dadurch letztendlich größere Selbständigkeit und Unabhängigkeit.

Die Idee
Ich möchte, dass Papas Engagement fortgeführt wird. Nachdem ich dies mit meiner Familie und mit Freunden besprochen habe, haben wir beschlossen, einen Stiftungsfonds in Papas Namen zu gründen. Wir glauben, dass Bildung ein Grundrecht und das Fundament einer starken Gesellschaft ist. Aus dem Fonds soll das Schulgeld für mittellose indigene Schüler in Form von Stipendien bezahlt werden, damit Papas Vermächtnis im Bildungswesen und seine Arbeit mit indigenen Gemeinschaften in Paraguay fortgeführt wird. Bildung ist in Paraguay nicht kostenlos, auch wenn das Schulgeld mit umgerechnet ca. 125 Euro pro Jahr relativ niedrig ist. Um einen Stiftungsfonds anzulegen, bitte ich Euch um Spenden. Einige von Euch haben Papa persönlich gekannt, andere nicht, aber jede kleine Summe wird uns helfen, einen gut funktionierenden Fonds aufzubauen. Der Stiftungsfonds soll in Paraguay angelegt werden, da die Zinssätze dort vergleichsweise hoch sind. Das Anerkennungsverfahren einer Stiftung in Paraguay kostet ca. 1500 Euro. Um die Nachhaltigkeit dieser Stiftung zu sichern, soll der Kapitalstock, der durch die Spenden entsteht, nach der Deckung der Startkosten, nicht angetastet werden, sondern die Förderung der Schüler soll allein aus den Zinsen erfolgen. 

Das Ziel
Wir haben beschlossen, zunächst in einem etwas informellen Rahmen anzufangen. Wir möchten erst einmal sehen, wie viele Spenden zusammenkommen, um dann die Größenordnung der Stiftung besser einschätzen zu können. Ziel ist es, einen Vorstand zu gründen, der den Fonds verwaltet und ein Statut für diese Stiftung erstellt. Es gibt schon mehrere Interessenten für den Vorstand, darunter meine Mutter und mich sowie Freunde der Familie in Paraguay. Bis zur Gründung eines Vorstandes sind meine Mutter und ich für die gesammelten Gelder verantwortlich. Wir haben vor, die Stiftung in Paraguay als Wohlfahrtseinrichtung zu registrieren. Der genaue rechtliche Rahmen muss noch festgelegt werden. Da wir zur Zeit noch nicht registriert sind und wir erwarten, dass dieser Prozess bis zu zwei Jahre dauern kann, können wir Euch keine Spendenquittungen ausstellen. An alle Spender werden wir von Zeit zu Zeit Updates über die Entwicklung des Fonds und den Fortschritt des Stiftungsprojektes schicken.

Spenden
Ihr könnt ganz einfach per PayPal spenden. Über einen Klick auf den unten stehenden Button gelangt Ihr zu einer Website, von der aus Ihr die Zahlung sicher tätigen könnt. Wenn Ihr lieber per Banküberweisung oder per Scheck spenden möchtet, schreibt mir bitte eine e-mail (contact@miriamrudolph.com) und ich schicke Euch meine Bankverbindung, bzw. Postadresse zu. Für Spenden innerhalb von Paraguay kann eine Überweisung direkt auf das Spendenkonto bei der Cooperativa Chortitzer Komitee gemacht werden (Maria Rudolph, Kontonummer 18-047-9-01). Ich werde die Spenden aus Europa und Nordamerika auf meinem kanadischen Spendenkonto sammeln und dann auf das Spendenkonto in Paraguay überweisen. Ich danke Euch für Eure Unterstützung.

Herzliche Grüße,
Miriam Rudolph

Saturday, September 13, 2014

Spenden

Ihr könnt ganz einfach per PayPal spenden. Über einen Klick auf den Button gelangt Ihr zu einer Website, von der aus Ihr die Zahlung sicher tätigen könnt.